Global Goals Yearbook 2022 zeigt Nachhaltigkeit in einer erschütterten Weltordnung

Die Zukunft ist „VUCA“ – volatil, unsicher, komplex und mehrdeutig. Und die Globalisierung ist es auch. Aber was kommt als nächstes? Wie sollte das nächste Handelssystem aussehen? Und was geschieht mit den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung? Das Global Goals Yearbook 2022 geht der Frage nach, wie die Globalisierung neu justiert und nachhaltig ausgerichtet werden kann.

In der letztjährigen Ausgabe des Global Goals Yearbook sprach UN-Generalsekretär António Guterres vom Beginn des „Jahrzehnts des Handelns“. Die 2020er Jahre sollen das Jahrzehnt sein, in dem die nachhaltigen Entwicklungsziele, auch Global Goals genannt, erfolgreich umgesetzt werden. In dem die globale Erwärmung begrenzt wird und die Menschenrechte nicht nur eine Erklärung, sondern Realität werden.

So lautete der Matchplan für die 2020er Jahre. Aber es kam alles anders. Covid-19, Kriege, Inflation und andere Krisen haben das globale Zusammengehörigkeitsgefühl aufgezehrt. In der aktuellen Ausgabe des Global Goals Yearbook beleuchten die Autoren daher drei zentrale Themen:

  1. Die Krise der Globalisierung,
  2. die wachsende Bedeutung von ESG als Risikokriterium und gleichzeitig die immer größer werdende Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften,
  3. Arbeits- und Menschenrechte in Lieferketten, denn in einer Krise sind es immer die Schwächsten, die den höchsten Preis zahlen.

Globalisierung neu denken

Die dunklen Schatten der Vergangenheit sind wieder da: Krieg, Hunger, Vertreibung, erzwungene Migration, Inflation und eine Welt, die in Machtsphären zerfällt. Wir sollten von dieser Entwicklung nicht überrascht sein. Die Zeichen der Zeit deuten schon lange auf einen Sturm hin.

Die Idee einer zunehmenden Interdependenz in der Weltwirtschaft ist seit gut zehn Jahren nicht mehr empirisch belegt. Bis vor kurzem wurden solche Fragen unter dem Gesichtspunkt der Effizienz und Rentabilität diskutiert. Seit der Corona-Pandemie und dem Krieg in der Ukraine geht es zunehmend auch um den Faktor Sicherheit – sei es Versorgungssicherheit, Gesundheitsschutz oder Landesverteidigung.

Trotz der gegenwärtigen politischen Unruhen wird ein Großteil des Welthandels unter anderen Regeln fortgesetzt werden. Die Aufgabe des nächsten Jahrzehnts besteht darin, herauszufinden, wie diese Regeln aussehen werden. Gibt es einen Weg zurück zu einem Handelssystem, das den Nationalstaaten mehr Spielraum für die Steuerung des Kapitalismus lässt, wie in der Ära von Bretton Woods? Kann das Nachfolgesystem den Entwicklungsländern des globalen Südens bessere Bedingungen bieten? Könnte ein neues Handelsregime den Klimazielen, den Arbeitsrechten, der öffentlichen Gesundheit oder der öffentlichen Bereitstellung von Gütern mehr Gewicht verleihen? Und welchen Platz nimmt China ein?

„Wandel durch Handel“ lautete der Slogan, der den wirtschaftlichen Austausch und die Globalisierung zur friedensstiftenden Aufgabe erhob. Doch dieses Selbstbild sollte sich als Selbstbetrug erweisen. Und wenn wir ganz ehrlich sind, sind die Risse im Fundament schon seit langem sichtbar. Man musste nur hinsehen.

So sagt UN-Generalsekretär Guterres heute: „In diesem Zusammenhang ist es offensichtlich, dass kein Land diese Probleme allein lösen kann. Wir brauchen mehr denn je Multilateralismus. Aber nicht irgendeinen Multilateralismus, denn keine Organisation kann die Probleme dieser Welt auch alleine lösen. Wir brauchen einen vernetzten Multilateralismus.“

Quo vadis Globalisierung? Das Jahrbuch zeigt unter anderem diese Trends auf, die in Zukunft besonders wichtig sein werden:

  1. Geopolitisierung statt Ökonomisierung,
  2. Blockhandel statt Welthandel,
  3. Verfügbarkeit statt Effizienz,
  4. Demokratien vs. Autokratien,
  5. multipolar statt multilateral.

ESG neu denken

Nachhaltigkeit ist angesichts der globalen Krisen wichtiger denn je. Globale Herausforderungen wie der Klimawandel, der demografische Wandel, die Corona-Pandemie und viele andere Entwicklungsziele erfordern entschlossenes Handeln. Der daraus resultierende gesellschaftliche und wirtschaftliche Wandel ist epochal. Es geht um nichts Geringeres als den Übergang in ein neues Zeitalter (Abschied von Bretton Woods, dem Washingtoner Konsens und dem Industriezeitalter auf einen Schlag).

Es gibt zahlreiche Begriffe, die mit Umwelt-, Sozial- und Governance-Leistungen (ESG) in Verbindung gebracht werden, einige sind austauschbar, andere nicht. Angesichts einer sich rasch verändernden Welt müssen grundlegende Fragen gestellt werden:

  1. Müssen wir den Begriff „Nachhaltigkeit“ überdenken, der, wenn man darüber nachdenkt, möglicherweise seine Bedeutung verloren hat in einer Welt, die die Kipppunkte, die das Leben und die Menschheit auf dem Planeten erhalten, bereits weit überschritten hat?
  2. In unserem derzeitigen Wirtschaftssystem ist der Wettbewerb ein wesentliches Merkmal der Wirtschaft. Aber um die vor uns liegende Umweltkrise zu bewältigen, brauchen wir Zusammenarbeit. Wie passen Multilateralismus und Multipolarismus zusammen?
  3. Wie können wir die Rolle der Systemdenker aufwerten – derjenigen, die verstehen, dass der Planet und unsere derzeitige Wirtschaft als ein System von untrennbar miteinander verbundenen Mustern funktionieren?

Jedes Unternehmen ist einzigartig, und das gilt auch für das Ausmaß der notwendigen Veränderungen. Unabhängig von den Beweggründen müssen sie in kürzester Zeit sehr tiefgreifende Veränderungen vornehmen, um die Risiken und Herausforderungen unserer Zeit zu bewältigen. All dies führt zu einer neuen Gleichung für die Wirtschaft: Verhaltensweisen, die auf Zweck und Vertrauen basieren und Werte schaffen, indem sie Lösungen für die Herausforderungen der Gesellschaft finden.

Einige der Mainstream-Vermögensverwalter, die die Diskussion über nachhaltige Investitionen weltweit anführen, haben alle auf dem Markt verfügbaren Talente zu Preisen eingestellt, die wohl weit über dem Wert liegen, den sie für das Unternehmen selbst bringen. Dies hat wiederum zu einem Gehaltsunterschied in Verbindung mit ESG-Fähigkeiten geführt, die es den Kandidaten oft ermöglichen, ihren eigenen Wert auf dem Markt zu bestimmen.

Die beste Antwort auf steigende Anforderungen ist Ausbildung. Der Fachkräftemangel erreicht immer neue Höchststände. Gleichzeitig nehmen die regulatorischen Anforderungen zu. Dies gilt insbesondere für Nachhaltigkeits- und ESG-Themen. Unternehmen sind daher zunehmend auf Quereinsteiger angewiesen, um die Verpflichtungen und Anforderungen von Banken, Gesetzgebern, Einkäufern und anderen Stakeholdern zu erfüllen. Die European Sustainability Reporting Academy (ESRA) unterstützt mit einem maßgeschneiderten Trainingsprogramm. Innerhalb eines Jahres lernen angehende Führungskräfte in Form eines „Training on the Job“, worauf es in ihrem Job ankommt.

Verantwortung in den Lieferketten

Nachhaltigkeit in der Lieferkette und verantwortungsbewusste Beschaffung sind von entscheidender Bedeutung, wenn es darum geht, aus globalen Zielen lokale Geschäfte zu machen, indem sichergestellt wird, dass die Ausweitung der Tätigkeiten, Produkte und Dienstleistungen eines Unternehmens die Realitäten unseres Planeten unterstützen und die Märkte heute und in Zukunft besser bedienen können. Wenn in den Lieferketten Fehler gemacht werden – indem die ESG-Leistungen der Lieferanten nicht berücksichtigt werden -, setzen sich die Unternehmen erheblichen operativen und Reputationsrisiken aus. Die Auswirkungen auf Mensch und Umwelt können erheblich und schwerwiegend sein. Können Unternehmen die Menschenrechte entlang der eigenen Liefer- und Wertschöpfungsketten respektieren? Aber die praktische Umsetzung stellt Sie vor Herausforderungen? Der Beitrag über den UN Business & Human Rights Navigator (BHR Navigator) zeigt Chancen und Anwendungsmöglichkeiten auf.

Darüber hinaus beleuchten lebendige Reportagen diese drei wichtigen Aspekte auf:

  1. Wie viel Lohn ist genug Lohn? Eine brennende Frage seit den Tagen der industriellen Revolution um 1700, als Arbeit zur Ware wurde. Das Jahrbuch beleuchtet die Rolle von menschenwürdiger Arbeit und Entlohnung am Beispiel von existenzsichernden Löhnen als Verbesserung gegenüber Mindestlöhnen.
  2. Arbeitsmigranten: Die IOM schätzt, dass derzeit rund 281 Millionen Menschen in einem anderen Land als ihrem Geburtsland leben. Migranten werden in vielen Ländern ausgebeutet und in gefährlichen, unsicheren Jobs beschäftigt. Das Jahrbuch schildert die Situation in einer Reportage am Beispiel von Migranten in den USA und Europa.
  3. Prekäre Arbeit: Nach Schätzungen der Weltbank leben in Lateinamerika mehr als vier Millionen Menschen vom Sammeln, Trennen und Weiterverkaufen von recycelten Materialien. Etwa 55 Prozent der Beschäftigten in städtischen Abfallsammelkooperativen in Lateinamerika sind Frauen. In einer lebendigen Reportage beleuchtet die Autorin die Situation von Frauen in Argentinien, die sich zu organisieren begannen, um ihre Rechte einzufordern, und die ersten Recycling-Kooperativen gründeten.

Bewährte Praktiken

25 Best-Practice-Beispiele zeigen, wie Unternehmen diese Anforderungen erfolgreich umgesetzt haben. Die Teilnehmer reichen von großen globalen Unternehmen bis hin zu kleinen Betrieben in Afrika und Asien.

 

Prominenten-Spezial: Kate Blanchett

 

Schauspielerin oder Aktivistin? Cate Blanchett ist in zwei sehr unterschiedlichen Welten gefragt. In der Realität ist der Star eines der besten Vorbilder der Filmindustrie für das, was sie „persönlichen Wandel“ nennt. Während andere sich damit begnügen, die tiefgründigen Missionen der großen globalen Sozial- und Umweltorganisationen aufzulisten, konzentriert sich Blanchett vielmehr auf das, was sie jeden Tag beeinflussen kann, selbst im Kleinen, wobei die Nachhaltigkeit im Mittelpunkt steht. „Viele dieser Veränderungen kamen zustande, als mir klar wurde, dass meine Kinder in einer Welt aufwachsen, die sich nicht um ihr langfristiges Wohlergehen zu kümmern scheint, und das war für mich absolut herzzerreißend“, gesteht Blanchett und verweist auf Dashiell, Roman,  Ignatius und die kleine Edith, die das Paar 2015 adoptierte. „Ich versuche, meinen Kindern Dinge beizubringen, über die sie nachdenken müssen, wenn sie ihren Weg im Leben gehen. Sie haben nicht dieselbe sorglose Einstellung zur Welt oder zur Umwelt, die uns als Kinder vergönnt war – das ist kein Privileg, das sie haben werden.

 

 

Über das Global Goals Yearbook

 

Das „Global Goals Yearbook“ wird unter der Schirmherrschaft der Stiftung macondo veröffentlicht. Es ist eine nicht-kommerzielle Publikation und geht aus dem renommierten „Global Compact International Yearbook“ (2009-2017) hervor. Das „Global Goals Yearbook“ trägt dazu bei, die Unternehmenstransparenz zu erhöhen, fördert den Austausch bewährter Geschäftspraktiken und verleiht vor allem den regionalen und globalen Interessengruppen, die im Mittelpunkt der Nachhaltigkeitsagenda stehen, eine starke Stimme. Der Redaktionsausschuss besteht aus hochrangigen Vertretern von UNEP, UNICEF, UNOPS, UNSSC, Club of Rome, World Business Council for Sustainable Development und CDP.

The Sustainable Development Goals in a VUCA World

Global Goals Jahrbuch 2022

Veröffentlicht unter der Schirmherrschaft der macondo Stiftung

Münster 2022: Verlag macondo publishing
ISBN-13: 978-3-946284-12-3

E-Book: https://www.yumpu.com/en/document/read/67214574/the-sustainable-development-goals-in-a-vuca-world

Sanierungsfall Globalisierung?

Warum der Welthandel sich neu erfinden muss – bitte diesmal nachhaltig. Das neue UmweltDialog-Magazin macht sich auf eine spannende Spurensuche nach den Ursprüngen der Globalisierung, was schief lief und was sich ändern wird.

Der permanente Krisenmodus ist das neue Normal. Vor allem die eng verflochtene Weltwirtschaft und das, was wir gemeinhin Globalisierung nennen, muss sich neu ordnen und an vielen Stellen neu erfinden. Wir haben mit dem Weg in eine neue bipolare Struktur – transatlantischer Westen mit demokratischen Staaten auf der einen und China und Russland, die für Menschenrechtsverletzungen und Diktatur stehen, auf der anderen Seite – einen Rückschritt in der Globalisierung vor uns. Die EU hat begonnen, ihre Außenbeziehungen neu auszurichten. Aber relativ spät, wenn man sich China im Vergleich anschaut. Die Seidenstraße-Initiative zeigt, dass China eine langfristige Strategie verfolgt.

In der aktuellen Ausgabe sprechen wir über Ursachen, aber vor allem mögliche künftige Entwicklungen der Globalisierung. Der Prozess der Globalisierung ist nicht naturwüchsig, sondern wird politisch gestaltet. Technische Möglichkeiten wie die Digitalisierung oder die Verbilligung der Verkehrsströme sind nur Voraussetzungen, aber letztlich sorgt der politische Gestaltungswille dafür, dass Globalisierung tatsächlich durch eine immer intensivere wirtschaftliche Verflechtung stattfindet. Diese kann – das zeigt der Krieg in der Ukraine – auch schnell gestoppt werden.

 

Sanierungsfall Globalisierung?
Warum der Welthandel sich neu erfinden muss – bitte diesmal nachhaltig.

Ausgabe 17, Mai 2022
84 Seiten, broschiert, klimaneutral und FSC-zertifiziert hergestellt
ISSN 2199-1626 (digital)
ISSN 2367-4113 (Print)
Herausgeber: macondo publishing GmbH

Einzelheft: EUR 9,00
Im Abo (2 Ausgaben) EUR 18,00

Hier gelangen Sie zum Bestellshop
Hier gelangen Sie zum kostenlosen E-Book

Bienvenido Macondo Argentina!

macondo verstärkt sein Team um drei neue Kolleginnen und Kollegen in Argentinien. Diese bilden damit den Kern unseres neuen Südamerika-Hubs. Sie werden an unseren internationalen Publikationen und Dienstleistungen mitwirken und natürlich die wachsenden Anfragen aus dem südamerikanischen Raum betreuen.

UBA stellt Umweltbewusstsein-Studie 2020 vor

Die Studie zum Umweltbewusstsein im Jahr 2020 zeigt, dass der Umwelt- und ⁠Klimaschutz⁠ trotz Corona-Pandemie nicht an Bedeutung verloren hat. 65 Prozent der Befragten bewerteten ihn als sehr wichtig, was ein ähnlicher Wert ist wie im Jahr 2018. Insbesondere der Klimaschutz ist während der Corona-Pandemie für 70 Prozent der Befragten weiterhin genauso wichtig, für 16 Prozent sogar wichtiger geworden. Entsprechend wird ein entschlossenes Handeln beim Klimaschutz von großen Teilen der Bevölkerung klar befürwortet.

Mit der Studie wird seit 1996 im Zweijahresrhythmus untersucht, wie sich Umweltbewusstsein und Umweltverhalten in Deutschland entwickeln. Für die Studie wurden Ende 2020 rund 2.000 Personen mittels repräsentativer Online-Interviews befragt.

Die Studie bietet eine sozialwissenschaftlich fundierte Grundlage für die Umweltpolitik und Umweltkommunikation und richtet sich an die fachlich interessierte Öffentlichkeit.

macondo publishing hat die Gestaltung, insbesondere auch der Infografiken, den Druck und barrierefreie PDFs erstellt.

Zum Download der Publikation (externer Link)

CO2-Tunnelblick vermeiden

Die UN-Klimakonferenz (COP26) zeigt deutlich, dass die Mehrheit der Politiker und Interessengruppen sich einig ist, dass noch viel mehr getan werden muss, wenn das Ziel, den Anstieg der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, überhaupt eine Chance haben soll. Doch Reden ist billig, wie man so schön sagt. Oder, um es mit den Worten von Greta zu sagen: zu viel „bla, bla, bla“ und nicht genug Taten.

Von Tina Nybo Jensen, International Policy Manager, GRI

Die Bewältigung der globalen Klimakrise erfordert eine globale Antwort, mit öffentlichen Verpflichtungen, die durch Ressourcen und Zusammenarbeit unterstützt werden. Wir können nicht zulassen, dass Länder oder Organisationen in Silos arbeiten. Und wir können die Klimaerwägungen nicht von der umfassenderen Nachhaltigkeitsagenda abkoppeln, wie sie in den Zielen für nachhaltige Entwicklung – und insbesondere in SDG 13 (Klimamaßnahmen) – zum Ausdruck kommt.

Erweiterung der Perspektive, um alle Auswirkungen zu verstehen

Ein Schlagwort, das in letzter Zeit in den sozialen Medien die Runde macht und von Jan Konietzko von Cognizant geprägt wurde, ist der „CO2-Tunnelblick“. Ein kluges Wortspiel, ja, aber darüber hinaus ist es eine sehr treffende Beobachtung. Wenn wir Netto-Null-Emissionen erreichen, dabei aber die Menschenrechte vernachlässigen oder die biologische Vielfalt nicht schützen, was bedeutet das dann für das Wohlergehen der Menschen und des Planeten?

Die GRI bietet Unternehmen eine globale gemeinsame Sprache, um ihre Auswirkungen zu kommunizieren. Die GRI-Standards behandeln die Auswirkungen eines Unternehmens auf die Wirtschaft, die Umwelt und die Menschen in einer ganzheitlichen und umfassenden Weise. Deshalb haben wir uns im Rahmen des GRI-Engagements auf der COP26 darauf konzentriert, wie die Nachhaltigkeitsberichterstattung als Entscheidungsgrundlage dienen kann, um schnellere Maßnahmen gegen den Klimawandel und damit verbundene Nachhaltigkeitsthemen zu erreichen.

Im Mittelpunkt steht dabei die Stärkung und Hervorhebung der Synergien zwischen dem Pariser Abkommen und der Agenda 2030. Nur durch konzertierte und vernetzte Maßnahmen zur Erfüllung dieser Verpflichtungen, die sich auf Fakten und Daten stützen, können wir die Chancen für eine inklusive und nachhaltige Zukunft für alle nutzen.

Zusammenarbeit zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor

Neben der länderübergreifenden Koordinierung zwischen Regierungen müssen wir den Privatsektor als wichtigen Partner bei der Verwirklichung und Umsetzung der SDGs und des Pariser Abkommens stärker einbinden. In enger Zusammenarbeit mit dem UN Global Compact und anderen internationalen Organisationen bemüht sich die GRI, die Bedeutung der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen für die SDGs hervorzuheben und zu steigern.

Das im September von WBCSD und FREUDS veröffentlichte Climate Confidence Barometer zeigt, dass 98 Prozent der befragten Unternehmen zuversichtlich sind, dass sie die Netto-Null-Ziele bis 2050 erreichen werden. Darüber hinaus sind 55 Prozent zuversichtlich, dass die globale Geschäftswelt dies ebenfalls tun wird.

Wie in einem kürzlich erschienenen Bericht der Future of Sustainable Data Alliancefestgestellt wurde, gibt es eine „ESG-Datenlücke“, wenn es um Biodiversität und Natur geht. Eine KPMG-Untersuchung vom Dezember 2020 ergab außerdem, dass weniger als ein Viertel der großen Unternehmen, die vom Verlust der biologischen Vielfalt bedroht sind, Angaben zu diesem Thema machen. Vor diesem Hintergrund kommen die Pläne der GRI, 2022 einen neuen Biodiversitätsstandard einzuführen, zur rechten Zeit und sind dringend erforderlich, während die UN-Biodiversitätskonferenz im Oktober die Weichen für die Wiederaufnahme der Arbeiten im nächsten Jahr stellt, um einen globalen Rahmen für die Biodiversität nach 2020 zu verabschieden.

Maßnahmen, die greifbare Ergebnisse liefern

Es ist jedoch ermutigend, dass weit über 100 Länder (die mehr als 85 Prozent der weltweiten Wälder repräsentieren) die Erklärung der Staats- und Regierungschefs von Glasgow über Wälder und Landnutzung unterzeichnet haben, in der sie sich verpflichten, gemeinsam daran zu arbeiten, den Waldverlust und die Bodendegradation bis 2030 zu stoppen und umzukehren und gleichzeitig einen integrativen Wandel im ländlichen Raum zu fördern. Dies ist eine lobenswerte Vision – aber wir müssen alle Parteien dazu bringen, diese Verpflichtungen einzuhalten.

Um greifbare Ergebnisse zu erzielen – vom Schutz der Umwelt bis hin zu umfassenderen Fortschritten bei der Nachhaltigkeitsagenda – müssen wir heute mit den Maßnahmen beginnen. Es darf kein Freibrief dafür sein, bis 2030 „business as usual“ zu betreiben. Eine regelmäßige und umfassende Berichterstattung über die Auswirkungen der Nachhaltigkeit, bei der alle beteiligten Organisationen Rechenschaft ablegen müssen, ist für die Messung der Fortschritte unerlässlich.

Eine wirksame Nachhaltigkeitsberichterstattung bietet eine einzigartige Perspektive auf die Rolle des Privatsektors und hilft den Ländern, auf das Pariser Abkommen und die Agenda 2030 hinzuarbeiten. Obwohl ein vielschichtiger Ansatz erforderlich ist, um diese Ziele zu erreichen, sollten wir die Bedeutung des Erreichens von Netto-Null keinesfalls herunterspielen. Es geht nicht um ein Entweder-Oder – wir müssen die Emissionen drastisch senken und dabei eine umfassendere nachhaltige Entwicklung sicherstellen.

Es ist Zeit für eine echte Führungsrolle

Es gibt deutliche Anzeichen dafür, dass die Wirtschaft bereits von der Dringlichkeit der Situation überzeugt ist – und die Regierungen tatsächlich dazu drängt, viel mehr zu tun. Der Aktionsaufruf der We Mean Business Coalition fordert die G20 auf, den durchschnittlichen globalen Temperaturanstieg auf 1,5° Grad Celsius zu begrenzen. Sie wurde bisher von 778 Unternehmensführern unterzeichnet, die einen Jahresumsatz von 2,7 Billionen US-Dollar repräsentieren. Darüber hinaus hat sich jedes fünfte Unternehmen auf der ganzen Welt Netto-Null-Ziele gesetzt.

Jüngst hat der WBCSD ein Manifest veröffentlicht, in dem ein neuer Mechanismus zur Messung der Rolle des Privatsektors bei der globalen Klimaerholung („Corporate Determined Contributions“) gefordert wird. Mit dem Schwerpunkt auf den Geboten zur Reduzierung, Beseitigung und Berichterstattung von Treibhausgasemissionen spiegelt dies einen wachsenden und begrüßenswerten Trend verantwortungsbewusster Unternehmen wider, die auf einen größeren Einfluss zur Unterstützung von Klimaschutzmaßnahmen drängen.

Warum Nachhaltigkeit heute eine zentrale Rolle bei der Risikominimierung spielt

Bereits 2006 warnte der jährliche Global Risks Report des Weltwirtschaftsforums, dass eine Pandemie eine „akute Bedrohung“ für alle Branchen weltweit darstellt. Der diesjährige WEF-Bericht befasst sich mit neuen Risikodimensionen wie den Folgen der digitalen Ungleichheit und dem Versagen der Cybersicherheit. Der Bericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC) aus dem Jahr 2021 warf die Alarmglocken für die Menschheit an und machte deutlich, dass die Risiken des Nichthandelns in Bezug auf den Klimawandel jetzt unwiderlegbar sind.

Von Lany Harijanti, ASEAN Regional Program Manager, GRI

Allen diesen Risiken ist gemeinsam, dass sie nicht nur die Wirtschaft, sondern vor allem das Wohlergehen und die Nachhaltigkeit der Menschheit und unseres Planeten bedrohen oder stören. Es ist daher nur logisch, dass sie Herausforderungen darstellen, deren Bewältigung globale Zusammenarbeit und gesellschaftlichen Zusammenhalt erfordert.

Auf Unternehmensebene ist ein effektives, präventives und dynamisches Risikomanagement wichtiger denn je. Deshalb beschränkt sich die Rolle des Risikomanagers nicht mehr nur auf traditionelle finanzielle Risiken und regulatorische Erwartungen, sondern trägt zunehmend dazu bei, ein nachhaltiges Geschäftsmodell zu unterstützen. Die GRI-Standards – die weltweit am weitesten verbreiteten und umfassendsten Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung – ermöglichen es Organisationen, ihre Auswirkungen zu bewerten und zu kommunizieren, was aus der Perspektive des Risikomanagements zunehmend relevant ist. Die überarbeiteten universellen Standards – die diesen Monat veröffentlicht wurden
betonen erneut, dass der Umfang der Auswirkungen auch das potenzielle Risiko einschließen muss.

Die Auswirkungen der Nachhaltigkeit in den Griff bekommen

Der World Business Council for Sustainable Development (WBCSD) beschreibt Nachhaltigkeitsrisiken als unsichere soziale oder ökologische Bedingungen, die erhebliche negative Auswirkungen auf das Unternehmen haben könnten. Wie die Pandemie bewiesen hat, können diese Risiken eine existenzielle Bedrohung für Unternehmen darstellen. Oder, wie es die ehemalige US-Außenministerin Condoleeza Rice ausdrückte: „Nachhaltigkeit ist ein Risikomultiplikator“, der die Volatilität und Unsicherheit exponentiell erhöht.

Das bedeutet, dass Unternehmen, die langfristig erfolgreich sein wollen, ihre Nachhaltigkeitsrisiken nicht aus den Augen verlieren dürfen. Vor diesem Hintergrund untersuchte ein GRI-Webinar mit dem Titel Aligning Sustainability and Risk Management (zu deutsch: Nachhaltigkeit und Risikomanagement aufeinander abstimmen) die Art und Weise, wie die Integration von Nachhaltigkeit die Rolle von Risikomanagern verändert und ihre Bedeutung für den organisatorischen Transformationsprozess erhöht. Im Folgenden geben wir einige der Erkenntnisse aus der Sitzung wieder, die die zweite in unserer Expertenreihe Building Leadership for Sustainable Business war.

Anreize für die Risikoanalyse

Constant Van Aerschot, Direktor des WBCSD Asien-Pazifik, wies darauf hin, dass viele Unternehmen dazu neigen, Nachhaltigkeitsthemen getrennt von Risikofragen zu behandeln. Ein kürzlich erschienener WBCSD-Bericht über die Integration von Nachhaltigkeit und Unternehmensrisiko zeigte, dass Unternehmen erkennen, dass die wesentlichen Themen in ihren Nachhaltigkeitsberichten finanzielle Auswirkungen haben – dennoch versäumen es dieselben Unternehmen oft, ESG-bezogene Risiken in ihren jährlichen Risikoberichten zu behandeln.

Priya Bellino, Ernst and Youngs ASEAN Head of Sustainability and ESG for Financial Services Consulting, betonte die Rolle der Finanzinstitute bei der Ermutigung von Unternehmen zum Management von Nachhaltigkeitsrisiken. Als Beispiel nannte sie den Immobiliensektor. Der Klimawandel und extreme Wetterereignisse setzen Sachwerte einem viel höheren Risiko aus, was sich auf den Wert von Immobilienportfolios auswirkt. Infolgedessen gibt es mehr Anreize durch die Finanzierung grüner Gebäude und die Einführung von Umweltzertifizierungen.

Um neue Möglichkeiten zu erschließen, müssen die Unternehmen eine „investitionswürdige Nachhaltigkeitsleistung“ messen und überwachen. Dies ist ohne eine zuverlässige und vergleichbare Offenlegung nicht möglich – und Priya räumt ein, dass die GRI-Berichterstattung dem Unternehmen hilft, die erforderlichen ESG-Daten zu liefern.

Wie Tony Rooke, Director of Climate Transition Risk bei Willis Towers Watson, darlegte, ist die Bestimmung der richtigen ESG-Daten ein entscheidender Schritt auf dem Weg zum Verständnis von Risiken und zur Erzielung nachhaltiger Geschäftsergebnisse. Damit Unternehmen ihre Rolle bei der Bewältigung globaler Risiken wie dem Klimawandel verstehen, muss der Markt ein Belohnungssystem für diejenigen entwickeln oder schaffen, die zu kohlenstofffreien Geschäftsmodellen übergehen, so Tonye weiter.

Die Zukunft des Risikomanagements

Laut dem Bericht 2020 State of Risk Oversight der Enterprise Risk Management Initiative haben 54 % der großen Organisationen und 58 % der börsennotierten Unternehmen einen Chief Risk Officer (CRO) ernannt. Mit der Zunahme dieser Funktion hat sich auch der Aufgabenbereich vergrößert – die Unterstützung von Unternehmen bei der Ermittlung, Analyse und Minderung ihrer Risiken. Es ist also klar, dass viele Unternehmen ein effektives Risikomanagement als Schlüsselfaktor für das langfristige Wohlergehen ihres Unternehmens anerkennen.

Der Bereich, in dem sich die Entwicklung des CRO vertiefen kann und muss, ist die Korrelation zwischen Unternehmensrisiko und Nachhaltigkeitsrisiko. Ein CRO, der in Sachen Nachhaltigkeit führend ist, ist ein gutes Zeichen dafür, dass sich ein Unternehmen entschlossen für Nachhaltigkeit einsetzt. Der CRO muss kein Alleswisser sein; wichtiger ist, dass er über die Kompetenzen verfügt, ein Team zu leiten und aufzubauen, mit externen Stakeholdern wie Investoren und Aufsichtsbehörden zusammenzuarbeiten und die ESG- und konventionellen Risikostränge zu einer einzigen, aussagekräftigen Darstellung zusammenzuführen.

Wie Ricardo Nicanor N. Jacinto, Treuhänder des Institute of Corporate Directors Philippines, formulierte, wird der CRO schnell zum „Hüter und Verfechter der Risikokultur“. Dies ist von zunehmender Bedeutung, da die Herausforderungen von COVID-19 unterstreichen, dass wir in einer unbeständigen, unsicheren und komplexen Welt leben. Was auch immer als Nächstes auf der Risikovorhersage steht – sei es diese Pandemie, die Klimakrise oder eine noch zu definierende neue Bedrohung – es ist daher wichtiger denn je, über das Fachwissen zu verfügen, um die vielfältigen und gleichzeitigen Nachhaltigkeitsrisiken zu bewerten, denen das Unternehmen ausgesetzt ist.

Policy Paper zur geplanten Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)

Auf EU-Ebene wird derzeit die sog. CSR-Richtline zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen überarbeitet. Im Mittelpunkt der Novelle steht die Entwicklung europaweit einheitlicher Berichtsstandards. Dieses Policy Paper enthält gezielte Empfehlungen an die Standardsetzung, um eine aussagekräftige Berichterstattung über Umweltthemen zu befördern. Die Autor*innen legen dar, wie über klima- und umweltbezogene Ziele, Maßnahmen und Indikatoren berichtet werden sollte, was bei der Berichterstattung über die Treibhausgasneutralität von Unternehmen zu beachten wäre und wie eine Kompatibilität der Standards mit bestehenden Berichtspflichten von Finanzmarktakteuren hergestellt werden kann. Die Empfehlungen beruhen auf einer empirischen Untersuchung der verpflichtenden Nachhaltigkeitsberichte deutscher Unternehmen sowie weiterer einschlägiger Studien.